Im »Dorfblatt«: Johanna H. interviewt Jens M.

»Frischer Wind im Feriendorf in Schlowe

Es tut sich etwas im Feriendorf Insel der Kormorane in Schlowe: Ein neuer Verein mit Familie Reichhelm/Mühe an der Spitze will mit vielen Ideen, großem Elan und besonderen Angeboten vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Einheimische und Gäste auf das Gelände am Kleinpritzer See locken. Über die Vorhaben sprach Johanna Hermann für das Dorfblatt mit dem Vereinsvorsitzenden Jens Mühe.

Herr Mühe, herzlich willkommen in Schlowe, quasi als Nachfolger des Berliner Kinderring e.V.. Uns interessiert natürlich als Erstes, wer sind „die Neuen“ im Feriendorf?

Die Neuen, das sind wir als Familie mit vier Personen, also meine Frau Sabine Reichhelm und ich und unseren beiden Töchtern Janna und Jilka Reichhelm. Neu ist auch unser Verein „Jugend-, Kultur- und Bildungsarbeit in Berlin und Schlowe e.V.“ - kurz JKBBS e.V. Unsere Vereinsmitglieder sind engagierte Leute aus Berlin, unter ihnen Erzieher und Sozialarbeiter, künftige Lehrer und Ergotherapeuten, Umwelttechniker, Philosophen und Geologen, also eine bunte Truppe, der sich gerne Aktive von hier anschließen können.

„Jugend-, Kultur- und Bildungsarbeit in Berlin und Schlowe e.V.“ - der Vereinsname hört sich sehr anspruchsvoll an. Was haben Sie vor?

Ja, wir haben uns ganz bewusst so breit aufgestellt, das gibt uns einen großen Freiraum. Mit Jugend verbindet sich die Jugendarbeit,die wir ähnlich wie bisher mit Kinder- und Jugendfahrten, Zeltlagern und Ähnlichem hier in Schlowe fortsetzen wollen. Mit Kultur verbindet sich dieVorstellung, Workshops im kreativen Bereich anzubieten, z.B. für verschiedenste Handarbeiten und für Musik. Im ehemaligen Speicher wollen wir einen Saal mit Licht- und Beschallungsanlage einrichten, sodass hier auch Musik- oder Filmveranstaltungen stattfinden können. Mein Traum ist ja, dass wir hier in Schlowe ein kleiner, aber feiner Auftrittsort für internationale Folk Music wie Balkan-Folk, Irish-Folk oder Klezmer werden. Berlin hat eine große und bunte Festivalkultur – vielleicht können wir Musiker dieser Sparte für Auftritte in Schlowe begeistern – die Kombination aus Stadt und Natur ist sehr reizvoll,zumal Musiker und Gäste hierauch gleich übernachten könnten. Zum Thema Kultur gehört auch der Plan, dass meine Frau ein Café mit kleinem Kunsthandwerkerladen einrichten wird, das nicht nur zu Veranstaltungen, sondern regelmäßig geöffnet sein soll. Die italienische Kaffeemaschine, von der wirschon lange geträumt haben, ist bereits angeschafft.

Fehlt noch der Bereich Bildung; da sind Seminare z.B. zur Erzieherfortbildung, aber auch zur politischen Bildung. Ich bin Pädagoge und in der Erwachsenenausbildung aktiv, meine Frau ist Ergotherapeutin und arbeitet z.Z. mit psychisch Kranken. Wir werden selbst einige Themen anbieten, aber es kann auch um die Bienenstraße oder andere Themen der Region gehen mit Akteuren von hier. Also, unsere Insel – so nennen wir uns jetzt - kann Anlaufstelle für alles Mögliche werden. Bei allem ist uns eines ganz wichtig: Wir wollen hier kein kommerzielles Projekt aufziehen! Wir wollen ein gemeinnütziger, sozialer und kultureller Treffpunkt sein.

Das hört sich ja gut an. Aber haben Sie dafür auch die entsprechenden räumlichen Voraussetzungen? Sie haben das Objekt ja in einem ziemlich verwahrlosten Zustand übernommen.

Ja, es ist sehr viel zu tun. Wir haben im April unseren ersten Großeinsatz hier gehabt und mit der Entrümpelung begonnen. 25 Leute vom Verein haben mit angepackt, das war super. Sieben randvolle Container wurden schon abgefahren: Möbel, Geschirr, Berge von Bettwäsche, Garten- und Sportgeräte, das meiste noch aus DDR-Zeiten, selbst alte Reifen, viel Schrott. Die nächsten Container sind auch schon fast wieder voll.Die gut erhaltenen, manchmal sogar noch ganz neuen Dinge – meist auch aus Vorwende-Zeiten – bieten wir in unserem „KONSUM“ zum Verkauf an, auch online. Andere Bungalows wurden zu Werkstatt und Büro umfunktioniert.In den beiden neueren Bungalows wohnen wir vorerst.  Viele der insgesamt 34 Bungalows sind in einem sehr schlechten Zustand. Die besseren werden renoviert. 10 Bungalows werden wir ganz abreißen, also das Gelände etwas ausdünnen. Unser sehr engagierter Bauleiter hat für alles schon einen Plan. Es gibt drei Baustufen: In der 1.Baustufe muss jetzt erst einmal unser Wohnhaus in dem ganz alten, hinter Büschen versteckten Gebäude neben dem Speicher ausgebaut werden. Wir haben nämlich unser Haus in Berlin verkauft, unsere Jobs dort zum Ende des Schuljahres gekündigt und ziehen nach Schlowe. In der Baustufe 2 werden im Haupthaus Seminarräume und eine Textilwerkstatt entstehen. Außerdem muss dort die Küche komplett erneuert werden.Gruppen sollen hier später selbst ihr Essen zubereiten können. Auch das Café soll dann zum Laufenkommen. Aufwendig wird auch in der Baustufe 3 die Neugestaltung des Veranstaltungshauses, also des alten Speichers. Wir sind bereits bei der Fördermittel-Akquise, sowohl in Berlin als auch in MV.

Woher nehmen Sie den Mut und den Elan, sich auf diese große Aufgabe mit den vielen auch persönlichen Veränderungen zu stürzen?

Wissen Sie, dieses Projekt ist unser Traum. Zwei Jahren lang haben wir mit demBerliner Kinderring, dessen Akteure wir von unserer Jugendarbeit her gut kennen, darüber verhandelt, uns dieses Objekt doch zu überlassen. Wir kennen die Anlage hier in Schlowe,unsere Kinder waren hier in denFerien, Janna später auch als Betreuerin. Wir sehen das große Potential, das die „Insel“ in Schlowe bietet. Wo gibt ess chonmal einenPlatz,wo man nichtnur Verwalter, sondern vor allem inhaltlicher Gestalter einer solchen Einrichtung sein kann? Hinzu kommt - unsere Töchter gehen jetzt ihre eigenen Wege. Janna studiert in Jena, Jilka macht gerade ihr Abitur und geht dann erst einmal für ein Jahr nach Frankreich. Meine Frau und ich sind um die 50 und wollen noch einmal etwas ganz Neues wagen. Ganz abgesehen davon leiden wir inzwischen in Berlin und wollen dort ‘raus. Der Verkauf unseres Hauses in Berlin macht es uns möglich, uns diesen Traumzu erfüllen. Wir sind zuversichtlich. Und wie heißt es so schön: Träume funktionieren nur mit Träumen.

Wie sind ihre ersten Erfahrungen hier vor Ort mit den Schlowern? Mit den Vorgängern lief es ja leider nicht so gut.

Ja,das haben wir schon mitbekommen.Uns ist sehr an einem guten Miteinander gelegen. Wir haben bislang keine schlechten Erfahrungen gemacht, sind mit Vielen ins Gespräch gekommen und haben schon Tipps, Informationen und Kontakte bekommen, die uns bei unserem Vorhaben helfen. Über die Einladung zum Schlower Osterfeuerhaben wir uns sehr gefreut. Es war eine  schöne Stimmung, die uns in unserer Entscheidung bestärkt hat. Wir haben von der Schlower Dörpschaft gehört und möchten diesem Verein gern beitreten, auch als Signal dafür, die alten Gräben zuschütten zu wollen. Wir haben das Privileg, in Schlowe etwas Besonderes aufbauen zu können. Wenn alle an einem Strang ziehen, dann haben auch alle etwas davon.

Herr Mühe, vielen Dank für das Interview und gutes Gelingen in Schlowe!«

Das Interview erschien in der 19. Ausgabe des »Dorfblatt für Borkow, Hohenfelde, Neu Woserin, Rothen, Schlowe, Woserin« vom Mai 2019. Die vollständige Ausgabe findest hier: https://borkow.amt-ssl.de/dorfblatt/dorfblatt19.pdf