Mädchen zeigen, wo der Hammer hängt!
Gegen Vorurteile und Geschlechterrollen: Verein organisiert „Bauwoche“ für junge Frauen in Schlowe
Michael Beitien, SVZ
Auf Baustellen wäre das ein sehr ungewöhnliches Bild: Ein ganzer Trupp mit 20 Mädchen und drei jungen Frauen rückt im Ferienlager „Insel“ in Schlowe mit Säge, Bohrmaschine, Hammer und anderen Werkzeugen an. Aus Holz bauen sie Tische, Hocker, Sofa und errichten die ersten Balken für eine Überdachung. Die Akteure verbringen hier eine ganze „Bauwoche“ – organisiert über den Verein Erlebnis-Kollektiv aus Rostock: Angeleitet werden die 10- bis 15-Jährigen von Simone Burchhardt, Greta Pohl und Binka Assmann.
Für viele der jungen Mädchen ist es eine völlig neue Erfahrung, sich in Tätigkeiten zu beweisen, die in unserer Gesellschaft immer noch sehr oft allein dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden. „Hier kann man etwas anderes sein als nur Mädchen“, sagt die elfjährige Juli. Hier könne sie auch ihre andere Seite kennenlernen. Die 13-jährige Meggie geht auch zu Hause gern in eine kleine Werkstatt und hat Spaß an handwerklicher Tätigkeit. Hier lerne sie andere Kinder kennen, sagt sie. Die elfjährige Lilly findet es zudem toll, dass sie im Ferienlager im Zelt schlafen kann.
Es ist schon ein besonderes Camp – ausschließlich mit Mädchen. Sie haben hier die Gelegenheit, sich über Probleme auszutauschen, erfährt unsere Redaktion. Wie ist es, als Mädchen groß zu werden? Unter welchem Erwartungsdruck stehen Mädchen? Und was erwartet man nicht von ihnen.
Jens Mühe vom Ferienlager in Schlowe findet den Ansatz mit der Gleichberechtigung gut. Er hat den Eindruck, dass die Gesellschaft in dieser Sache auf der Stelle tritt. Wenn er und seine Frau Sabine Reichhelm es beispielsweise mit Handwerkern zu tun haben, wenden sich die Männer meist nur an ihn, musste er immer wieder erfahren. Dabei habe seine Frau mehr Ahnung vom Bauen. Hier halten sich offenbar Vorurteile in den Köpfen. Die Organisatoren der Bauwoche aus Rostock hatten nach einem Platz gesucht, wo sie ihr Projekt mit Mädchen umsetzen könnten und dabei Schlowe entdeckt. Sie stießen hier auf offene Ohren, weil das Ferienlager „Insel“ die Erlebnispädagogik unterstützt. Jens Mühe sieht in der Bauwoche für Mädchen ein „pädagogisch wertvolles Projekt.“ „Hervorragend. Das ist absolut das, was wir uns auf diesem Platz wünschen,“ freut er sich. In Schlowe gab es eine freie Fläche, die ohnehin neu gestaltet werden sollte. Ein Baum war beim Fällen auf eine Hütte gefallen und hatte sie zerstört. Nur die Bodenplatte blieb übrig. Hier entsteht jetzt eine überdachte Fläche, die bei Regen oder sengendem Sonnenschein zum Aufenthaltsort für Gruppen im Ferienlager werden kann.
Es wird natürlich nicht durchgearbeitet in dieser Bauwoche. Für die Mädchen gibt es an dem idyllischen von Wasser und Wald umgebenen Ort Schlowe viele andere Aktivitäten und Zeit zum Entspannen. Mit Betreuerin Binka Assmann, die gelernte Tischlerin ist, hat Jens Mühe besprochen: Wenn nach dem derzeitigen Camp die sogenannte Chill-out-Area noch nicht fertig ist, baut sie der Rostocker Verein später weiter. Das gesamte Holz, das hier zum Einsatz kommt, stammt von Bäumen, die auf dem Gelände des Ferienlagers gefällt werden mussten und in einem Sägewerk zu Brettern und Balken verarbeitet wurden.